Weitere Familie wird auseinandergerissen
Er ist der soziale Vater von zwei Kindern. Nur ein Tag nachdem die Ehe mit der Mutter angemeldet wird, soll er abgeschoben werden. In Frankfurt
verdeutlicht er: er will nicht mit. Nun sitzt er in Haft. Auf mildere Mittel wurde wieder verzichtet.
„Youssef, kannst du mir ein Buch vorlesen?“ Zwei kleine Kinder, drei und fünf Jahre, freuen sich, nach zwei Wochen den Menschen wiederzusehen, der seit zwei Jahren Teil ihrer Familie ist. Das
Wiedersehen findet in der Abschiebehafteinrichtung Dresden statt, in der sich Herr F. seit Mitte Februar befindet.
Direkt am nächsten Morgen, nachdem Youssef F. und Nanette G. ihre Ehe im Standesamt Hoyerswerda angemeldet haben, steht die Polizei zur Abschiebung vor der Haustür. „Wir haben am Abend vorher
noch gefeiert und uns gefreut, dass alles geklappt hat“, erzählt Nanette G. Die Abschiebung als direkte Reaktion auf ihre Eheschließung trifft beide überraschend. Nachdem Youssef F. am
Frankfurter Flughafen deutlich machte, dass er zurück zu seiner Frau und den Kindern möchte, sitzt er nun in Abschiebehaft.
Fester Bestandteil der Familie
„Mein Mann ist fester Bestandteil der Familie. Er spielt mit den Kindern, liest ihnen vor und bringt sie ins Bett.“ Dass Youssef F. nicht mehr da ist, bringt das Familiengefüge durcheinander.
Dadurch, dass er einen relevanten Anteil der Kinderbetreuung mit übernommen hat, konnte Nanette G. Spät- und Nachtschichten auf ihrer Arbeit gewährleisten. Dies ist jetzt für sie nicht mehr ohne
weiteres möglich.
Vor dem Sächsischen Oberverwaltungsgericht und dem Amtsgericht Dresden hatten diese Argumente aber keinen Erfolg: es seien nicht seine leiblichen Kinder, so die Argumentation. Die Trennung
von der Ehefrau sei zuzumuten.
Mildere Mittel hätten bestanden
Youssef F. und Nanette G. sind bereit, gemeinsam nach Marokko auszureisen, um das Visumverfahren für den familiären Aufenthalt zu betreiben – sie hätten nur gerne etwas mehr Zeit gehabt und die
Möglichkeit, in Abstimmung mit den Behörden zu agieren. Flugtickets für März haben sie bereits gebucht und diese auch bei der Anhörung vor dem Amtsgericht Dresden vorgelegt. Außerdem hat Youssef
F. das Angebot gemacht, dass er sich bis zur freiwilligen Ausreise täglich bei der Polizeistation melden wird. „Wenn mildere Mittel zur Verfügung stehen, müssen die immer Vorrang haben vor einer
Abschiebehaft, die einen krassen Eingriff in die Grundrechte eines Menschen darstellt“, so Toni Kreischen von der Abschiebehaftkontaktgruppe Dresden.
Eine Abschiebung wird für das Ehepaar eine Trennung für zunächst unbestimmte Zeit mit sich bringen: die Einreisesperre muss befristet werden und Herr F. wird hohe Kosten für die Abschiebung und
die vorangegangene Abschiebehaft begleichen müssen. Seiner Ehefrau wiederum droht akut die Arbeitslosigkeit, da sie die Kinderbetreuung für ihre Arbeit im Zwei-Schicht-System langfristig nicht
wird gewährleisten können.
Dieser Fall reiht sich ein in weitere Familientrennungen in der Abschiebehaft Dresden. Die Abschiebehaftkontaktgruppe berichtete kürzlich über den mit einer deutschen Staatsbürgerin
verheirateten Houssam A., Hausmeister aus Grimma. Fälle aus dem vergangenen Jahr zeigen, dass mit einer baldigen Rückkehr nach Deutschland nicht gerechnet werden kann: Sachsen schützt Familien nicht.
Kontakt:
Abschiebehaftkontaktgruppe Dresden
Toni Kreischen
Mail: kontakt@abschiebehaftkontaktgruppe.de
www.abschiebehaftkontaktgruppe.de