„Das ist heftig, was da abgeht.“ – Inhaftierte über die Bedingungen in der Abschiebehafteinrichtung Dresden

Mit Stand vom 15.03.2012 sind nach Kenntnis der Kontaktgruppe Asyl und Abschiebehaft e.V. fünf Menschen in der Abschiebehafteinrichtung Dresden inhaftiert – vier von ihnen hat die Gruppe besucht. Drei sollen nach Pakistan, eine Person in die Türkei abgeschoben werden. Ein Termin ist bereits bekannt, diese Woche, am Mittwoch dem 17. März soll ein Flieger von Leipzig/ Halle Richtung Pakistan abheben. Einem, der auf diesem Flug sitzen soll, wird zurzeit öffentliche Aufmerksamkeit zuteil. Diese Aufmerksamkeit sollten grundsätzlich alle Inhaftierten erhalten. 

Abschiebehaft: Schlimmer als Strafhaft

Abschiebehaft ist Haft ohne Straftat. Menschen werden in Gefängnisse eingesperrt, damit sie abgeschoben werden können. „Das Leben im Vollzug ist den allgemeinen Lebensverhältnissen soweit wie möglich anzugleichen.“, heißt es im Sächsischen Abschiebungshaftvollzugsgesetz.
Dies entspricht nicht der Realität in Dresden. Die Zimmer seien klein, berichten Inhaftierte, in ihnen befinde sich ein Bett und direkt daneben die Toilette. Die Fenster seien mit Gitterstäben und Lochblechen gesichert, geöffnet werden dürften sie dennoch nicht. Das gelte auch für den kleinen Sportraum, mit mehreren Menschen bekäme man hier schnell keine Luft mehr.

Zwischen 22 Uhr und 6 Uhr ist Einschluss. Doch auch dann herrscht keine Ruhe. Die Inhaftierten hören immer wieder Beamt:innen auf dem Gang. Das Gebäude ist sehr hellhörig, ohne Schlafmittel kann kaum jemand schlafen.

Das Schlimmste: die Unsicherheit. Wann die Abschiebung erfolgen wird, ist oft unklar. Dazu kommt Langeweile: Essen, Schlafen, eine Stunde Hofgang, eine Stunde Internet. „Ich habe draußen nie geraucht. Hier habe ich damit angefangen.“, erzählt ein Inhaftierter.

Eines Rechtsstaats nicht würdig

Laut Aufenthaltsgesetz ist die Inhaftierung auf die kürzest mögliche Dauer zu beschränken. Jeder Tag bis zur Abschiebung muss genau begründet werden. Das nehmen die sächsischen Gerichte aber nicht allzu genau. Warum werden wie in einigen der jetzigen Fälle pauschal Haftdauern von drei Monaten angesetzt, ohne detaillierte Begründung? Ein Richter soll in der Anhörung gesagt haben: „Was erwarten Sie denn, was ich mache? Ich kann Sie nicht rauslassen, wohin soll ich Sie denn lassen?“ Nach einer Statistik des Rechtsanwalts Peter Fahlbusch sind etwa 50% der von ihm betreuten Abschiebehaftverfahren rechtswidrig, die Zahlen sind seit Jahren stabil und laut der Richterin am Bundesgerichtshof Johanna Schmidt-Ränsch „eines Rechtsstaats nicht würdig“.
Ein Großteil der Verfahren landet aber gar nicht vor den Beschwerdegerichten. Das Problem: Menschen in Abschiebehaft erhalten keine Pflichtverteidigung. Ein Betroffener aus Dresden berichtet von einer anwaltlichen Beratung, die unmittelbar nach Haftbeginn erfolgte. Hier sah der Anwalt keine Erfolgsaussichten, es wurde nicht einmal fristgerecht Beschwerde eingelegt. Als die Abschiebehaftkontaktgruppe den Inhaftierten kennenlernte, war es dafür schon zu spät. Trotz gravierender Verfahrensmängel konnte seine Inhaftierung und Abschiebung nicht mehr verhindert werden.

„Diese Mängel haben System und sie sind gravierend. Abschiebehaft muss Geschichte werden.“, fordert Toni Kreischen von der Gruppe.

Pressemitteilungen zum aktuellen Fall:

Frank Richter: Ich bin erschüttert. Religiös verfolgter Christ soll nach Pakistan abgeschoben werden. • Frank Richter (f-richter.net)

Bistum Dresden-Meißen: Bistum Dresden-Meißen - Aktuelles - Bistum engagiert sich für katholischen Christen Faisal Jahangir (bistum-dresden-meissen.de)

Bündnis 90/DIE GRÜNEN: Aktuell – Startseite (gruene-sachsen.de)

Kontakt:
Abschiebehaftkontaktgruppe Dresden
Toni Kreischen
Mail: kontakt@abschiebehaftkontaktgruppe.de
www.abschiebehaftkontaktgruppe.de