Drei Männer entließen sich selber aus der Haft, einer hätte gar nicht drin sein dürfenDie Freundin eines der Entflohenen wird spätestens in wenigen Wochen das gemeinsame Kind entbinden. Bereits bei einem Haftbesuch erlitt sie vorzeitige Wehen. Das
"Migrationspaket" zeigt seine Wirkung.
Bereits gestern vermeldete die Abschiebehaftkontaktgruppe, dass einer der ehemals Inhaftierten Vater werde. Mit der Geburt des Kindes ist schon Anfang Februar zu rechnen. Herr H. lebt seit über einem Jahr mit seiner Freundin, Frau S., zusammen. Toni Kreischen von der Abschiebehaftkontaktgruppe Dresden: "Ihre gemeinsame Zukunft hatten sie bereits entworfen. Die gemeinsame Wohnung ist schon angemietet. Herr H. gehörte ganz selbstverständlich zur Familie von Frau S." Die angehende Großmutter, die Geschwister, sie alle unterstützten das junge Paar, das nicht nur die Herausforderung eines neuen, noch ungeborenen Lebens zu meistern hatte, sondern auch mit der schwierigen, aufenthaltsrechtlichen Situation von Herrn H. kämpfte.
Der eigentliche Skandal: Menschen rechtswidrig in Haft!
Herr H. saß im Ausreisegewahrsam, der vorgeblich milderen Variante der Abschiebehaft. Mit den gesetzlichen Verschärfungen des sogenannten "Migrationspakets" genügt inzwischen allein der Ablauf der Ausreisefrist, um in Gewahrsam zu landen. Menschenrechtsorganisationen, Kirchen und Wohlfahrtsverbände warnten bereits vor Verabschiebung des Gesetzespakets, dass damit praktisch jede Person mit abgelehntem Asylantrag eingesperrt werden könne. Für Kreischen hat sich dies nun bestätigt: "Behörden und Gerichte können nun noch leichter Menschen die Freiheit nehmen. Dass die Vaterschaft bevorsteht, das hörte das Gericht sich zwar an, berücksichtigt es aber im Haftbeschluss mit keinem Wort in den Entscheidungsgründen", berichtet Kreischen.
Kreischen fordert mehr öffentliche Aufmerksamkeit, dass ein Mensch womöglich rechtswidrig in Haft genommen wurde - ein Duldungsanspruch bei werdenden Vätern sperrt immer die Abschiebung. Und damit erst recht Ausreisegewahrsam und Abschiebehaft als Haft ohne Straftat. "Wir haben jedoch feststellen müssen, dass das Amtsgericht Dresden mit keinem Wort auf die Familienverhältnisse von Herrn H. eingegangen ist." so Kreischen.
Medizinischer Notfall in der Abschiebehaft
Was Abschiebehaft und Ausreisegewahrsam für die Betroffenen bedeuten, zeigte sich beim Besuch von Mitgliedern der Kontaktgruppe am Mittwoch, dem 15. Januar in besonders dramatischer Weise: "Während wir gerade mit einer anderen Person eine Beratung durchführten, hörten wir aus dem Nebenraum Schreie und Weinen." erzählt Kreischen. "Herr H. hatte Besuch von Frau S. erhalten, die einen Zusammenbruch erlitt - sie hatte bereits erste Wehen." Im Krankenhausbericht aus der Notfallbehandlung ist vermerkt: "unmittelbar voraus gegangene, psychische Belastung." Am 18. Januar klettert Herr H. über den Zaun.
Kontakt
Abschiebehaftkontaktgruppe Dresden
Toni Kreischen
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